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DIY Karwendel1

Do-it-yourself (DIY) boomt!

Dirndl-Nähkurs in Bayern, Upcycling-Abend in Berlin oder Strick-Retreat an der Ostsee – das Angebot an Kreativkursen boomt. Selten war kreatives Gestalten und Handarbeiten so „in“ wie derzeit. Do-it-yourself (DIY) heißt der neue Trend. Wir haben uns bei nachhaltigen Anbietern umgeschaut.

War es früher vor allem die ältere Generation, die sich mit Häkeln, Stricken oder Sticken befasste, hat sich die Handarbeitsklientel in den letzten Jahren zunehmend verjüngt. Inzwischen gibt es sogar offene Näh-Ateliers, in denen sich Kinder unter betreuter Anleitung stundenweise an die Nähmaschine setzen und aus schönen Stoffen eigene Ideen realisieren können. Auch sind die Zeiten längst passé, in denen Handarbeit als altmodisch und verpönt galt. Im Gegenteil: je ausgefallener die Kreativitätstechnik, umso „hipper“. Auch die Do-It-Yourself-Szene („DIY“) selbst hat sich verändert. Sie wird immer vernetzter. Was zählt ist die Community, in der man sich on- oder offline austauschen und gegenseitig inspirieren kann.

„Hygge“ – ein weltweiter Trend

Das offenbarten die Marktzahlen, die der Verband Initiative Handarbeit e.V. auf der h+h Cologne, die weltweit größte Fachmesse für Hobby und Handarbeit in Köln, in diesem Jahr bekannt gab. Das Nähen bleibt Trendthema Nummer 1, dicht gefolgt vom Stricken und Häkeln. Platz drei belegt mit deutlichem Abstand das Sticken. Eine Studie des Bundesverbands Textileinzelhandel (BTE) stellte für die Zukunft der Handarbeitsbranche drei wesentliche Trends fest: Individualisierung und Differenzierung. Post-Materialismus und Freizeitorientierung. Authentizität und Nachhaltigkeit. Auch das aus Dänemark stammende Lebensgefühl „Hygge“, das sich wohl am treffendsten mit „Geselligkeit in gemütlicher, vertrauter Atmosphäre“ umschreiben lässt, hat sich als Trend weltweit durchgesetzt. Man kommt zusammen, um in behaglichem Ambiente gemeinsam Individuelles zu gestalten.

Aus alt mach neu: Upcycling

Eine der inzwischen wohl bekanntesten nachhaltigen DIY-Techniken ist das Upcycling, die kreative Aufwertung und Wiederverwertung gebrauchter Dinge. Das gilt besonders im Wohndesign und in der Mode. Alte Bettbezüge werden zu Sitzpolstern von Stühlen umfunktioniert. Aus ausrangierten Fahrradschläuchen wird schöner Schmuck kreiert. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Doch wie sieht es bei den Handarbeitsmaterialien aus? Zwar finden Aspekte der „Nachhaltigkeit“ auch in dieser Branche zunehmend Beachtung, doch wer fündig werden will, muss intensiv danach suchen. Im Folgenden stellen wir Ihnen einige Produkte vor, die wir für Sie entdeckt haben.

Stricken mit Wolle von glücklichen Schafen

Rosy Green Wool in München stellt feinste Biogarne aus Merinowolle sowie aus Wolle seltener, vom Aussterben bedrohter Schafrassen her – wie von den aus England stammenden „Manx Loaghtan“ und „Hebridean“. Die Garne sind zu 100 Prozent Bio, aus kontrolliert biologischer Tierhaltung (kbT), GOTS-zertifiziert und bis zur Herde zurückverfolgbar. Die Wolle wird in kleinen Betrieben in England gesponnen und ohne Gift gefärbt. Die Rohwolle kommt aus Patagonien. Mit ihren Raritätengarnen setzt sich das Gründerpaar ganz bewusst für den Artenschutz, gegen das Mulesing (Verstümmelung der Tiere gegen Fliegenbefall) und chemische Schädlingsbekämpfung ein.
Das Unternehmen Schoeller Süssen GmbH, das seine Strick- und Häkelgarne unter den Markennamen „Austermann“ sowie „Schoeller + Stahl“ vertreibt, stellt seine Garne selbst her. Die Austermann-Bio-Baumwollgarne wie „Biola“ und das aus feinstem Alpaka und Schurwolle hergestellte Garn „Fey“ sind GOTS-zertifiziert und in modischen Natur- und Unifarben, Melangen und Moulinés (mehrfarbig gezwirbeltes Garn) erhältlich.
Passend zur Bio-Wolle gibt es die passenden Strick- und Häkelnadeln. Addi bietet u.a. in Deutschland gefertigte Nadeln aus Olivenholz von nicht mehr tragenden Bäumen an. Das Garn-Label ITO hat in Europa die in Japan sehr geschätzten Koshitso-Nadeln aus dunklem Bambus eingeführt. Sie werden nachhaltig in einem Handwerksbetrieb zwischen Osaka und Kyoto herstellt. Nadeln aus Bambus sind insbesondere bei Rheumatikern und Allergikern wegen der besonderen Eigenschaften des Naturmaterials sehr beliebt. Sie SpinnradSpatz kleinsind weich und biegsam, vermitteln ein Wärmegefühl und nehmen Feuchtigkeit auf.

GOTS-zertifizierte Kinderstoffe: Eisbären in Love

Die Lillestoff GmbH in Langenhagen hat sich auf farbenfohe, GOTS-zertifizierte Stoffe für Kinderkleidung spezialisiert. Von Anfang an setzten die Gründer konsequent auf Nachhaltigkeit und haben sich auch als Hersteller zertifizieren lassen. Produziert wird in der Türkei. Der Vertrieb der Produkte erfolgt ausschließlich online. Die Stoffe zieren so entzückende Tiere und Figuren wie „Eisbären in Love“, „Let’s Iceskate“ oder „Der Kleine Drachen Kokosnuss“. Ursprünglich waren die Gründer Inhaber eines Nähcafés für Mütter.
Unter dem Namen Albstoffe vertreibt die Firma Maute + Renz Textil GmbH in Süddeutschland hergestellte Naturstoffe wie Bio-Strick-Leinen, Bio Jersey Interlock Jacquard oder Bio-Baumwoll-Teddy. Albstoffe werden in zwei verschiedenen Bio-Qualitäten angeboten: Alb-Stoffe „Öko Stufe 2“ aus kbA-Baumwolle und GOTS-zertifizierten Albstoffe, das sind Naturstoffe der höchsten Zertifizierungsstufe. Nachhaltigkeit hat im Unternehmen eine lange Tradition. Als erstes Textilunternehmen der Schwäbischen ??? wurde es auch selbst IVN Best und GOTS-zertifiziert.

Nähgarn aus recycelten PET-Flaschen

Gütermann, seit mehr als 275 Jahren einer der traditionsreichsten und erfahrensten Hersteller von Nähgarnen weltweit, hat zwei Varianten von rPET-Nähfaden aus 100 Prozent recyceltem Polyester im Programm: einen Allesnäher sowie einen Zierstichfaden. Das Garn wird in Deutschland aus PET-Flaschen hergestellt, in verschiedenen Arbeitsschritten gewaschen, zu sogenannten Flakes geschreddert und geschmolzen. Für die Herstellung wird laut Angaben des Herstellers weniger Energie benötigt und die CO2-Emissionen seien deutlich reduziert.
Aber woher kommt eigentlich der extreme Handarbeitsboom? Als Ursache hat die Branche die zunehmende Beschleunigung und Überforderung durch die Digitalisierung ausgemacht. Handarbeit inspiriert, entschleunigt und entspannt. Machen Sie es sich hyggelig und fangen Sie rechtzeitig vor Weihnachten an!

Katrin Speer