sdg banner deutsch

IBN Buro Kopie

Vor rund 50 Jahren beschäftigte sich eine kleine Gruppe innovativer und gesundheitsbewusster Naturwissenschaftler, Mediziner und Planer mit Fragen rund um das gesunde und nachhaltige Bauen und Wohnen und entwickelte die Grundlagen für die damals neue ganzheitlich ausgerichtete Fachdisziplin „Baubiologie“. Heute gibt es weltweit tausende Fachleute, Institutionen und Firmen, die nach ganzheitlichen baubiologischen Kriterien beraten, messen, planen, gestalten, bauen und sanieren.

Ziele der Baubiologie

Letztendlich geht es in der Baubiologie um Ziele, die wohl jeder Mensch rund ums Wohnen hat und die heute eigentlich selbstverständlich sein sollten: Entstehen soll ein Wohn- und Arbeitsumfeld, in dem wir gesund bleiben, uns bezüglich Raumklima und -gestaltung wohl fühlen, das bestmöglich ökologische Anforderungen erfüllt, ein gutes Zusammenleben ermöglicht und auch bezahlbar ist. Hört sich erst mal alles logisch und einfach an, ist aber komplex und erfordert eine gute Zusammenarbeit aller am Bau Beteiligten. Kein leichtes Unterfangen in einem Umfeld, wo lineares, spezialisiertes und nach ökonomischen Kriterien ausgerichtetes Denken und Handeln dominiert. Deshalb ist es wichtig, dass jemand mit baubiologischer Ausbildung und Erfahrung alles im Blick hat und die Planung und Bauleitung übernimmt. Weiß man, wie’s geht, ist baubiologisches Bauen einfach und so soll es auch sein. Denn kompliziertes Bauen ist meist fehleranfällig und teuer und baubiologisches Bauen soll im nachhaltigen Sinne langlebige und auch bezahlbare Gebäude ermöglichen.

Baubiologie = Gesundheitsvorsorge

Viele Menschen beschäftigen sich erst dann mit Baubiologie, wenn „das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist“, sie sich also in ihrem Wohn- und/oder Arbeitsumfeld nicht wohl fühlen, sie Beschwerden wie z.B. ständige Müdigkeit oder Kopfschmerzen haben oder sie bereits krank geworden sind. Damit es so weit erst gar nicht kommt, ist es viel klüger, im Sinne der Vorbeugung gleich alles richtig zu machen. Baubiolog*innen beschäftigen sich u.a. intensiv mit Raumklima und Schadstoffen aller Art sowie deren gesundheitlichen Auswirkungen und können entsprechend beraten, planen und/oder ausführen.  In manchen Fällen empfiehlt es sich auch, dass Baubiolog*innen mit behandelnden Ärzten zusammenarbeiten.

Optimierung im individuell machbaren Rahmen

Nicht immer kann ein Haus oder eine Einrichtung hundertprozentig wohngesund und nachhaltig sein. Manchmal scheitert es am Standort, manchmal am Budget, manchmal an Gegebenheiten, auf die man keinen Einfluss hat. In der Baubiologie heißt es hierzu: „Unter realen Bedingungen können nicht immer alle Kriterien erfüllt werden. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht deshalb immer deren Optimierung im individuell machbaren Rahmen“.

Qualität statt Quantität

Ein baubiologisches Gebäude sollte alleine schon aus ökologischen Gründen möglichst lange haltbar sein. In der Baubiologie geht es auch um Qualität statt Quantität und Qualität richtig umgesetzt bedeutet mittel- bis langfristig immer auch „preis-wert“, ist also seinen Preis wert. Hierzu zwei Beispiele: Ein Vollholzparkett ist erst mal teurer. Es lässt sich aber damit mittelfristig viel Geld sparen und zudem der Wert der damit ausgestatteten Immobilie steigern, denn ein solches Parkett hält 100 Jahre und länger, während ein preiswerter Laminatboden oft bereits schon nach 10 Jahren unansehnlich und deshalb erneuert wird. Ähnlich verhält es sich z.B. beim Vergleich guter handwerklich hergestellter Möbel mit Möbel vom Möbeldiscounter.

Unter guter Qualität versteht man in der Baubiologie auch, dass der langfristige Pflegeaufwand gering und kostengünstig ist. Allerdings entwickeln Naturmaterialien wie z.B. Vollholz, Kalkputz oder Naturtextilien mit der Zeit eine Patina, die aber von vielen als schön und angenehm empfunden wird. Man muss also gar nicht immer alles mit aggressiven und/oder giftigen Mitteln putzen, nachstreichen oder lackieren.

Trends beim Bauen und Wohnen

Energiesparendes Bauen, wie das Effizienzhaus 55 oder das sogenannte Passivhaus hat sich mittlerweile etabliert. Bau-biologen wollen jedoch mehr und fordern „Passivhaus ja, aber baubiologisch“. Es ist nicht zu Ende gedacht, wenn Gebäude zwar wenig Heizenergie verbrauchen, aber kein wohngesundes und angenehmes Wohnen ermöglichen und zudem darin jede Menge Energie zur Herstellung der verwendeten Baustoffe drinsteckt. So manches Gebäude verbraucht heute mehr Energie zur Herstellung, als es während seiner gesamten Lebensdauer zum  Heizen und/oder Kühlen verbraucht. Baustoffe, die man mit wenig Energie herstellen und verbauen kann, aber auch zu einem gesunden Raumklima beitragen, werden sich deshalb immer mehr durchsetzen.

Derzeit werden viele Gebäude realisiert, die vor allem preiswert und zweckmäßig sind, aber lieblos wirken und eine gewisse „Kälte“ ausstrahlen. Hierzu spüre ich eine Gegenbewegung. Immer mehr Bauherren und -frauen, aber auch Mieter wünschen sich eine individuelle und wohltuende Atmosphäre, die sich nur mit guten Handwerkern und natürlichen Materialien erreichen lässt.

Sicher auch wegen der hohen Immobilienpreise gibt es einen Trend zu Tiny Living bzw. Tiny Houses, aber auch zum gemeinschaftlichen Bauen und Wohnen wie beispielsweise Mehrgenerationenhäuser. Dieser Trend ist auch im Sinne der Nachhaltigkeit und im Rahmen eines sozialverträglichen sowie bezahlbaren Bauens sehr zu begrüßen.

Rund um die Haustechnik sehe ich derzeit keinen klaren Trend: Die einen wünschen sich  umfassende High-Tech-Konzepte, andere setzen ganz bewusst auf Low-Tech, wollen also den Einsatz von Technik auf ein Minimum reduzieren. Ich rate eher zum „abrüsten“, also wenig Haustechnik unter Nutzung erneuerbarer Energien.

Winfried Schneider, Architekt / Leiter des Institut für Baubiologie + Nachhaltigkeit IBN
Ziele der Baubiologie: 
25leitlinien.baubiologie.de
Mehr Informationen:
baubiologie-magazin.de
Beratung vor Ort:             
baubiologie-verzeichnis.de
Institut für Baubiologie + Nachhaltigkeit IBN:
www.baubiologie.de