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Mann mit Bananen

Der heiße Sommer hat in Deutschland für hohe Ernteeinbußen gesorgt, die nun durch Ausgleichszahlungen wieder aufgefangen werden sollen. Bauern in den Ländern des Südens geht es da schlechter: Sie kämpfen seit Jahren gegen die Folgen des Klimawandels, ohne einen einzigen Cent zu sehen. Das Forum Fairer Handel setzt sich deshalb für neue Anpassungsstrategien im Kampf gegen die Wetterextreme ein. Bio-Anbau spielt dabei eine Schlüsselrolle.

Wer heute noch den Klimawandel leugnet, muss vollkommen naiv sein. Wetterextreme wie Dürren, Starkregen und Stürme nehmen in einer beängstigenden Geschwindigkeit zu und machen auch vor den Industrieländern nicht mehr halt. Das ist insofern gut, weil endlich die wichtige Erkenntnis ankommt: Es muss sich gewaltig etwas ändern, um auf lange Sicht mit diesen Herausforderungen umgehen zu können. Milliardenzahlungen, die Bauernhöfe in Deutschland über diesjährige Ernteverluste hinweghelfen sollen, sind gut und schön. Aber sie lösen nicht das Problem, dass die Landwirtschaft in Zukunft immer häufiger von Extremen betroffen sein wird und dafür gewappnet sein muss. Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft BÖLW hofft darauf, dass viele Landwirte die Erfahrungen dieses Sommers nutzen, um ihre Höfe auf Öko-Landbau umzustellen. Denn durch den Verzicht auf Pestizide und chemisch-synthetische Düngemittel, der damit verbunden ist, aber auch durch gezielt gewählte Fruchtfolgen und Gründüngung werden lebendige Böden mit hohem Humusanteil gefördert. Die wiederum können bei Trockenheit besser die Feuchtigkeit speichern, aber auch große Wassermassen bei Starkregen aufnehmen. Gleichzeitig sind robuste Kulturen gefragt, die zum jeweiligen Standort passen und widerstandsfähiger sind.

Kleinbauern brauchen Hilfe

Das Forum Fairer Handel setzt sich dafür ein, Bio auch in den Ländern des Südens auf den Vormarsch zu bringen. Denn ökologischer Anbau, so zeigt sich immer wieder im Vergleich, ist den Herausforderungen des Klimawandels besser gewachsen. Kleinbauern alleine können Umstellung und Zertifizierung allerdings weder finanziell noch organisatorisch bewältigen. Viele schließen sich daher zu Kooperativen zusammen, die in ökologischer Mischkultur zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Zum einen ernten sie Feldfrüchte für den eigenen Bedarf und den Verkauf auf lokalen Märkten. Zum anderen bauen sie auf ihren Parzellen Kaffee, Tee, Kakao, Bananen, Gewürze und andere Tropenkulturen an, die beispielsweise über GEPA, dwp oder Banafair zum Weltmarkt finden. Indem der sonst übliche Zwischenhandel ausgeschaltet wird, bleibt mehr bei den Kleinbauern. Darüber hinaus erhalten sie Fair Trade-Prämien, die sie in Projekte zur ökologischen, sozialen und ökonomischen Zukunftssicherung investieren können. Zudem fördern die Fairhandelsorganisationen die einzelnen Schritte, die bis zum zertifizierten Bio-Erzeugnis notwendig sind. So bieten sie beispielsweise technische Unterstützung an oder leisten aktive Beratung bei der Umsetzung von nachhaltigen Anbaumethoden. Dieses Engagement trägt Früchte: 73 Prozent aller fair gehandelten Lebensmittel waren 2016 nach Angaben von Forum Fairer Handel aus kontrolliert ökologischem Anbau. Spitzenreiter sind dabei faire Bananen mit ganzen 100 Prozent Bio-Anteil, gefolgt von Kaffee und Tee mit rund 70 Prozent.

Mehr Wertschöpfung vor Ort

Um die Zukunft der Kleinbauern im Süden zu sichern, spielen allerdings nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Aspekte eine wichtige Rolle. Wirklich souverän werden Kooperativen ihre Zukunft erst dann gestalten können, wenn mehr Wertschöpfung an Ort und Stelle bleibt. Aus diesem Grund sollen Rohstoffe zunehmend im Anbauland verarbeitet werden, um dann fertig verarbeitet und verpackt in den Fairen Handel zu kommen. Was für Handwerksprodukte wie Körbe, Schmuck, Textilien, Haushalts- oder Dekoartikel schon lange gilt, wird nun auch im Lebensmittelbereich immer konsequenter umgesetzt. Die GEPA hat bereits fast 50 solcher Ursprungsprodukte in ihrem aktuellen Sortiment. Tees in handgeschöpften Verpackungen gehören ebenso dazu wie Vollrohrzucker, getrocknete Mangos, Bananenchips, Kokosmilch, Marmeladen oder Chutneys. Diese Vielfalt soll ab Herbst noch einmal deutlich wachsen, heißt es aus Wuppertal, allen voran bei Kaffee. Denn dort haben Kooperativen wie Aprolma aus Honduras, Fedecocagua aus Guatemala oder Musasa aus Ruanda die Trocknung und Röstung ihrer Ernte selbst in die Hand genommen und das nötige Know-how aufgebaut, um überzeugende Produktqualitäten zu gewinnen. So entstehen Beschäftigungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten für immer mehr Menschen – und damit mehr Wohlstand für benachteiligte Regionen.

Wertewandel beim Einkauf

Durch ihr Engagement haben die Fairhandelsorganisationen erreicht, dass sich die Lebens- und Arbeitsbedingungen in Asien, Afrika und Lateinamerika deutlich verbessert haben. Kleinbauern aus entlegensten Gebieten haben Anschluss an den Weltmarkt gefunden und können dank fairer Preisgestaltung gut von ihren Erzeugnissen leben. Gleichzeitig hat sich aber auch die Wahrnehmung der Konsumenten verändert: Immer öfter wird heute hinterfragt, woher die Waren kommen und unter welchen Bedingungen sie hergestellt wurden. Aber nicht nur im privaten Konsum, sondern auch in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft lässt sich ein klarer Wertewandel feststellen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie aus dem Jahr 2017, die von TransFair, Engagement Global, Brot für die Welt, Misereor und Forum Fairer Handel bei CEval beauftragt wurde.
Das Bewusstsein für die Bedeutung gerechter Handelsstrukturen wächst und entsprechend das Einkaufsverhalten: Ganze 1,5 Milliarden Euro konnten im Jahr 2017 mit Produkten aus Fairem Handel umgesetzt werden. Wesentlich dazu beigetragen hat unermüdliche Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere die alljährliche Faire Woche, die Forum Fairer Handel, Transfair und Weltladen Dachverband seit mehr als 15 Jahren veranstalten. In diesem September stand sie unter dem Motto „Gemeinsam für ein gutes Klima“ und stellte mit Verkostungen, Ausstellungen, Filmvorführungen, Flashmobs und Diskussionen die größte Herausforderung unserer Zeit in den Mittelpunkt.

Fairness für die ganze Welt

Womit auch Deutschland wieder in den Blick rückt. Denn Dürren, Starkregen oder Stürme werden immer häufiger für Missernten sorgen, da sind sich Wissenschaftler einig. Bis zu 10.000 Höfe hat es in diesem Sommer angeblich so stark getroffen, dass sie ohne staatliche Hilfe nicht überleben könnten. Ein Glück, dass solche Rettung möglich ist. Langfristig brauchen Landwirte allerdings neue Strategien, um sich für den Klimawandel zu wappnen. Und dazu müssen Lebensmittel wieder so viel einbringen, dass sie im Idealfall nicht nur die Kosten decken, sondern auch Investitionen ermöglichen – allen voran die Umstellung auf ökologischen Landbau. Der Öko-Verband Naturland setzt sich darum seit Jahren dafür ein, dass sich Fairer Handel auch in den Ländern des Nordens etabliert. Denn auf der ganzen Welt hat Landwirtschaft – und damit die Basis der Ernährung – nur dann eine Zukunft, wenn die Bauern von ihrer Arbeit leben und ihre Zukunft sichern können. Das gilt für Indien oder Ecuador ebenso wie für Deutschland. Fair sind Preise allerdings nicht nur, wenn sie die Arbeit des Bauern angemessen honorieren. Fair sind sie vielmehr, wenn sie auch die versteckten Kosten widerspiegeln, die bei der Lebensmittelproduktion durch Emissionen und Energieverbrauch entstehen. Eine Studie der Universität Augsburg zeigte Anfang des Jahres: Gerade tierische Produkte aus konventioneller Landwirtschaft müssten doppelt bis dreimal so teuer sein, um die negativen Auswirkungen auf Klima und Umwelt preislich abzubilden. Dann würde auch den Konsumenten die Einkaufsentscheidung leichter fallen.

Claudia Mattuschat