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Erntezeit für Nüsse, Kerne, Samen

Es ist wieder Herbst, und die Zeit der Nussernte hat begonnen. In Deutschland ist der Ertrag allerdings recht gering. Meist sind es Privatgärten und kleine Direktvermarkter, die heimische Hasel- und Walnüsse von Strauch und Baum pflücken. Der Großteil der Steinfrüchte, die pur geknabbert oder für Müsli, Back- und Süßwaren verwendet werden, stammt aus Ländern mit günstigeren Klimaverhältnissen. Anders ist es allerdings bei Ölsaaten wie Leinsamen, Sonnenblumenkernen oder Hanf: Diese Kulturen sieht man auf deutschen Feldern wieder öfter.

Hanf mit dem botanischen Namen Cannabis Sativa gehört zu den ältesten Nutzpflanzen der Welt und war lange Zeit ganz von der Bildfläche verschwunden. Zu schlecht war sein Ruf als Rauschmittel, was ihm in Deutschland von 1982 bis 1996 sogar ein gesetzliches Anbauverbot bescherte. Seit Speisehanf mit einem Tetrahydrocannabinol – oder kurz: THC-Gehalt – von weniger als 0,2 Prozent wieder auf die Felder darf, gibt es vor allem im Bio-Bereich immer mehr Bauern, die die Vorteile der klimatoleranten, robusten Kultur für sich entdecken. Ihre Ernte ist gefragt bei Ölmühlen, aber auch bei anderen Lebensmittelherstellern, die die Saat ungeschält und geschält, roh und geröstet, als Hanfmehl, Hanfdrink, Hanftee, Hanfpesto, Hanfaufstrich und mehr in den Handel bringen.
Im Rahmen des Projekts „Tastino“ untersuchen Forschende der Universität Hohenheim seit letztem Jahr die Nutzbarkeit als Proteinquelle und nachhaltige Alternative zu Fleischersatzprodukten aus Soja oder Erbsenprotein. Ziel sei es, die wachsende Nachfrage nach hochwertigen, protein-basierten und regional erzeugten Lebensmitteln zu bedienen, die Selbstversorgungsfähigkeit der baden-württembergischen Bevölkerung zu stärken und zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen. In ökologischer Hinsicht hat das Comeback noch weitere Vorteile: Während Hanfsamen den Lebensmittelmarkt bereichern, lassen sich Stängel und Blätter der Pflanze zur Herstellung von Papier, Verbund- und Dämmstoffen, Seilen und Textilien nutzen. In Zeiten knapper Ressourcen werden Eigenschaften wie diese immer wichtiger.

Gesund in jeder Hinsicht

Wie lässt sich der Eiweißbedarf decken, wenn man auf tierische Produkte verzichtet? Diese Frage beschäftigt nicht nur vegetarisch und vegan lebende Menschen, sondern auch immer mehr Flexitarier, die ihre Ernährung nach und nach umstellen. Nüsse und Saaten bieten da teilweise noch mehr als Hülsenfrüchte. Bei den Saaten schneiden Kürbiskerne mit 37 Gramm Eiweiß besonders gut ab, gefolgt von Sonnenblumenkernen und Hanfsamen mit jeweils 26 Gramm. Spitzenreiter unter den Schalenfrüchten ist die Mandel mit 24 Gramm Eiweiß pro 100 Gramm, Cashewkerne liefern 21 Gramm und Hasel- und Walnüsse rund 16 Gramm.
Als Dickmacher galten sie lange aufgrund ihres hohen Fettanteils, der im Schnitt bei 50 Gramm pro 100 Gramm liegt. Allerdings handelt es sich dabei vor allem um hochwertige einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren, die viele gesundheitliche Vorteile mitbringen. So sind Haselnüsse und Macadamia beispielsweise wichtige Lieferanten für Omega-6 und Omega-9-Fettsäuren, die unter anderem zur Regulation des Blutdrucks, zur Cholesterinsenkung und zur Zellerneuerung beitragen sollen. Walnüsse und Leinsamen enthalten besonders viel Alpha-Linolensäure, die zu den herz- und hirnschützenden, entzündungshemmenden Omega-3-Fettsäuren zählt. Und Hanf soll gar das perfekte Mischungsverhältnis bieten, was ihm nicht zuletzt den Ruhm des neuen Superfoods eingebracht hat. Insgesamt wird Nüssen und Saaten nachgesagt, das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Diabetes Typ II zu senken. Noch dazu versorgen sie den Organismus mit Mineralien wie Eisen, Magnesium, Kalium und Zink, Vitamin B und E sowie wichtigen sekundären Pflanzenstoffen wie Polyphenolen.

Vielseitig von Öl bis Keks

Die besonderen Eigenschaften – und gerade auch den hohen Gehalt an gesunden Fetten – machen sich Ölmühlen wie Bio Planète oder Ölmühle Solling zunutze. Aus naturbelassenen oder gerösteten Nüssen wie Hasel- und Walnuss, Mandeln, Macadamia und Kokosnuss, aber auch aus Saaten wie Lein- und Hanfsamen, Sesam, Kürbiskernen und sogar Bucheckern pressen sie hochwertige Speiseöle, die die individuellen Aromen der jeweiligen Zutat zur Geltung bringen. Während sich Kokosöl gut zum Braten und Backen eignet, dürfen andere Sorten wie Haselnuss-, Mandel- oder Sesamöl nur vorsichtig erhitzt und Walnussöl kalt verwendet werden.
Im Zuge des Verarbeitungsprozesses entstehen sogenannte Presskuchen, die im nächsten Schritt zu feinem Mehl gemahlen werden. Bei Herstellern pflanzenbasierter Lebensmittel sind diese Produkte schon lange gefragt. Im Endverbraucherbereich halten sie erst langsam Einzug als Zutat für Smoothies, Müsli und Desserts, vor allem aber auch als kohlenhydratarme Mehlalternative für Kekse, Kuchen, Brot und andere Backwaren. Da sie – im Gegensatz zu Getreiden wie Weizen, Dinkel und Roggen – jedoch nicht das Klebereiweiß Gluten enthalten, kann man damit in der Regel nur dreißig Prozent eines Getreidemehls austauschen. Ganz ohne Mehl, Hefe und Backpulver kommen dagegen Saatenbrote aus, die sowohl zur glutenfreien Ernährung als auch zur Low Carb Philosophie passen. Sie bestehen zu 100 Prozent aus gemahlenen Nüssen, geschroteten Saaten, glutenfreien Hafer-, Hirse- oder Buchweizenflocken sowie Wasser, Öl und je nach Geschmack Gewürzen. Einen Baukasten an möglichen Zutaten hat zum Beispiel fraeulein-freivongluten.de auf ihrer Website parat.

Ernten, lagern und genießen

Snacken, Backen, Toppen, Mixen: Nüsse sind echte Verwandlungskünstler, die im Vorrat der gesunden Küche nicht fehlen dürfen. Wer das Glück eines eigenen Haselnussstrauchs oder Walnussbaums hat, kann seine Herbsternte in luftdurchlässigen Stoffbeuteln über mehrere Monate ohne Qualitätseinbußen lagern. Am besten eignet sich dafür ein dunkler und trockener Raum, in dem die Temperatur 18 Grad Celsius nicht übersteigt. Das ist wichtig, damit die Kerne ihre wertvollen Inhaltsstoffe bewahren und nicht austrocknen.
Sind die Nüsse bereits geknackt und geschält, können sie im Gefrierschrank oder luftdicht verpackt im Kühlschrank auf ihren Einsatz warten, ohne dabei ranzig zu werden oder gar zu schimmeln. Möglichst schnell verarbeiten sollte man gehackte oder geriebene Walnüsse, Haselnüsse, Mandeln, Cashews, Macadamias, Pistazien und andere Sorten. Das gilt auch für Kokosnüsse, die als Raspel, Chips und geröstet angeboten werden, sowie für Maroni, die ebenfalls zu den Nüssen zählen.
Ist beim Backen und Kochen ein Sammelsurium übrig geblieben, kann man daraus viele leckere Dinge zaubern: Auf Salaten und Desserts machen Nüsse und Saaten pur oder leicht angeröstet eine gute Figur. Als selbstgemachte Nussriegel oder in Kuchenstreuseln sorgen sie für eine köstlich-knackige Note. Im Backofen lässt sich mit etwas Honig oder Ahornsirup, Gewürzen wie Vanille, Zimt oder Kardamom sowie Hafer-, Buchweizen- oder Hirseflocken ein knuspriges Granola für das Frühstück zubereiten. Zusammen mit frischen Kräutern und Parmesan entsteht ein nussiges Pesto, aus gerösteten Nüssen nach zehn Minuten Mixen ein sämiges Nussmus. Und selbst Milchalternativen kann man selber machen, wenn man den Aufwand nicht scheut und auch nicht gerade Barista Qualität erwartet.

Claudia Mattuschat