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Symbol Laktosefrei

Bio-Sortiment für Allergiker gut aufgestellt

Wenn der Körper auf Nahrungsmittel mit Unwohlsein reagiert, kann das daran liegen, dass bestimmte Speisen nicht vertragen werden. Manche Menschen reagieren allergisch auf Getreide, Eier, Nüsse, Fisch, Sellerie oder Senf – andere verdauen Milch oder Obst schlecht. Doch glücklicherweise sind tatsächliche Nahrungsmittelallergien in Europa nicht sehr häufig.

Nur bei ein bis fünf Prozent der Erwachsenen reagiert das Immunsystem auf ganz bestimmte Eiweiße. Bei Kindern liegt der Prozentsatz etwas höher, doch verschwindet bei ihnen oft die Allergie mit dem Älterwerden. Unverträglichkeiten treten dagegen meist erst im Erwachsenenalter auf und haben ihre Ursache im Darm: Er kann dann bestimmte Stoffe nicht verarbeiten oder weitertransportieren.


Allergie oder Unverträglichkeit?

Bei einer Nahrungsmittelallergie zum Beispiel auf Nüsse, Ei, Soja, Sellerie, Senf, Sesam, Milch oder Fisch kommt es zu Schwellungen und Entzündungen der Schleimhäute im Mund- und Nasenraum und im Magen-Darm-Trakt mit Schmerzen, Haut-Reaktionen wie Ekzemen, Juckreiz und Nesselsucht, Verengung der Bronchien mit Asthma bis zum anaphylaktischen Schock, dem tödlichen Kreislaufversagen. Das Immunsystem wehrt bestimmte Eiweißstoffe, die in der Regel vom menschlichen Körper gut vertragen werden ab und bekämpft sie. Antikörper lassen sich im Blut nachweisen. Eine Kuhmilcheiweißallergie äußert sich bereits im Säuglingsalter und verschwindet meist wieder, wenn die Kinder älter werden. Auch eine Zöliakie (Weizenunverträglichkeit) tritt meist schon im Kindesalter auf, fordert strikte Diät und besteht oft ein Leben lang.
Im Gegensatz zur Allergie sind bei Unverträglichkeiten wie einer Laktose- oder Fruktose-Intoleranz Reaktionen der Haut oder Atemwege ausgeschlossen. Werden Milchprodukte oder Obst schlecht vertragen, äußert sich das etwa in Blähungen, Bauchschmerzen, Darmkrämpfen, Koliken, Völlegefühl, Übelkeit und Durchfall.
Bei der Laktose-Intoleranz fehlt im Dünndarm das zur Aufspaltung des Zweifachzuckers Laktose (Galaktose und Glukose) benötigte Enzym Laktase. Er wird dann erst in der unteren Darmregion, dem Dickdarm, von Bakterien in Milchsäure, Essigsäure und Methan zersetzt.
Leiden Menschen an Fruktose-Intoleranz, kann ihr Darm den in Früchten, Haushaltzucker und teilweise auch in Gemüsesorten (etwa in Kohlrabi, Kürbis, Blumenkohl) enthaltenen Fruchtzucker nicht verdauen – er setzt sich in der Leber als Giftstoff ab.


Dumm wie Brot?

In den letzten Jahren sind einige Bücher erschienen, die eine regelrechte Kampagne gegen Weizen führen. Die Autoren behaupten, dass aus Weizenmehl hergestellte Lebensmittel wie Brot, Gebäck, Bier oder Nudeln krank machen.
Dabei ist Brot aus Getreide, vornehmlich Weizen, das Nahrungsmittel schlechthin und hat über Jahrhunderte die Menschheit ernährt: In jeder Kultur gibt es Brot – in unterschiedlichen Variationen, als Fladen oder Laib. Weizen ist neben Roggen und Gerste das älteste Kulturgetreide und ist zu uns mit den Urahnen aus den Gebieten von Euphrat und Tigris gekommen.
Was Bäcker, die, wie bei uns üblich, Brot in Form von Laiben backen, an bestimmten Getreiden interessiert, sind deren Backeigenschaften, die sie dem Inhaltsstoff Gluten verdanken. Denn dessen Eiweißverbindungen sorgen dafür, dass sich das Mehl mit Wasser zu einem klebrigen Teig verbindet und nach dem Backen auch seine Form behält. Getreidesorten mit hohem Glutengehalt zeigen daher gute Backeigenschaften: Dinkel, Weizen, Kamut, Emmer, Einkorn enthalten Gluten aber auch Roggen, Hafer und Gerste, wenn auch weit weniger.

Gluten


Immer mehr Gluten-Produkte

Das was die Bäcker am Weizen schätzen, ist aber genau das Problem für Menschen, welche die Weizeneiweiße Albumin und Globulin oder das Klebereiweiß Gluten nicht vertragen. Und nicht nur die scheinen manchen Bauchweh zu bereiten. Auch die Stoffe, die das Getreide vor Fraßfeinden schützen sollen, können offenbar zu einer entzündlichen Erkrankung der Darmschleimhaut führen und in der Folge weitere krankhafte Prozesse auslösen. So sind sich die Forscher bis heute nicht sicher, ob nicht auch die Adenosin-Triphosphat-Amylase (ATI), ein Protein, das in modernen Weizenzüchtungen vermehrt vorkommt, oder Lektine oder sogenannte FODMAPs (fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide sowie Polyole) eine Weizen- oder Glutenallergie hervorrufen.
Die Glutenunverträglichkeit, auch Zöliakie oder Sprue genannt, ist eine Autoimmunkrankheit und führt unbehandelt zur Zerstörung der Darmzotten; meist ist sie genetisch bedingt und tritt nach heutigen Kenntnissen der Mediziner bei weniger als einem Prozent der Bevölkerung auf. Die Krankheit kann durch bestimmte Tests und eine Darmspiegelung diagnostiziert werden – so dass ein Reizdarmsyndrom, welches oft durch Stress entsteht, ausgeschlossen werden kann.
Auslöser einer Unverträglichkeit im späteren Alter kann auch die verzehrte Menge sein: Die Nahrungsmittelindustrie verwendet heute immer mehr Gluten. So macht das Klebereiweiß „Light“-Produkte locker, Brote mit Eiweiß sollen fit und schlank machen. Sauerteig dagegen, der das Gluten bekömmlicher macht, wird immer weniger verwendet. Menschen, die an Zöliakie leiden, vertragen auch oft, wenn der Darm bereits angegriffen ist, keinen Milchzucker (Laktose).


Einfach nur zu viel?

War jahrhundertelang die Erzeugung und der Erhalt von Nahrung die wichtigste Beschäftigung der Menschen um zu überleben, satt zu werden, so haben wir heute in den Industriestaaten einen Überfluss an – oft billig industriell und mit zweifelhaften Inhaltsstoffen hergestellten – Lebensmittel, die diesen Namen nicht wirklich verdienen. Es liegt nicht nur am Verzehr von guter Nahrung – entscheidend für die Gesundheit ist auch die Menge. Der menschliche Körper kann mit zeitweiligem Hunger besser umgehen als mit einem Überangebot an Nahrung – daran ist er von jeher angepasst. Vielleicht hat die Kirche deshalb als jahrhundertelang bestimmende Autorität das Fasten zu bestimmten Zeiten eingeführt, als es den Menschen schon möglich war, in der Sesshaftigkeit Nahrungsmittel auf Vorrat einzulagern. Manchmal sind es nicht die Lebensmittel, die uns krank machen, sondern ein Zuviel davon. Maß halten ist in unserer Überflussgesellschaft eine neue Herausforderung – denn es gibt immer noch genug Hunger in der Welt, weil die Nahrung nicht gerecht verteilt wird.


Gluten-, Laktose- und Fruktosefrei

In Biomärkten erhalten Menschen, die einige Nahrungsmittel schlechter oder gar nicht vertragen, heute eine breite Auswahl an Alternativen. Abgesehen davon, sind Lebensmittel aus biologischem Anbau ohne Kunstdünger und Pestizide und in der Verarbeitung ohne Zusatzstoffe ohnehin gesünder als Produkte aus der industriellen Landwirtschaft.
Wer auf weizenhaltige Speisen Bauchschmerzen bekommt, muss nicht auf den Genuss von Brot, Müsli oder Kuchen verzichten. Es gibt mittlerweile eine breite Palette alternativer Produkte ohne Gluten – mit Mais, Reis oder Hirse etwa – auch bereits fertig, ohne Zubereitungsaufwand. In den Regalen sind die Waren gut gekennzeichnet, auch an runden Symbolen erkennbar: Glutenfrei bedeutet eine durchgestrichene Getreideähre im Kreis; laktosefreie Lebensmittel kennzeichnet meist ein durchgestrichenes Milchglas. Für Produkte ohne Fruktose gibt es kein einheitliches Kennzeichen, meist symbolisiert ein durchgestrichener Apfel, dass die Ware ohne Fruchtzucker hergestellt ist.


Andrea Reiche