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Fair genießen

Sie lieben ihn heiß und innig, die Deutschen, ihren Kaffee. Kaum ein Haushalt, in dem der schwarze Muntermacher nicht zum Frühstück gehört. Biologisch angebaut und fair gehandelt, hilft er auch denen, welche die meiste Arbeit damit haben, das tropische Gewächs für uns genießbar zu machen.

 

KaffeefilterSpatzSeit die Kaffeebohne 1615 mit venezianischen Kaufleuten das erste Mal europäischen Boden betrat, hat sie einen bis heute anhaltenden Boom verursacht. Kaffee ist zum beliebtesten Getränk geworden, vor Mineralwasser, Bier und Wein, hat einen riesigen Markt erobert, in dem rund 25 Millionen Menschen beschäftigt sind.

Das tropische Gewächs gedeiht nur bei konstantem Klima rund um den Äquator im sogenannten „Kaffeegürtel“ zwischen 23 Grad nördlicher und 25 Grad südlicher Breite. In mehr als 80 Ländern, mehrheitlich auf kleinen Kaffeefarmen mit weniger als fünf Hektar Land leben Farmer vom Kaffee. Hauptanbauländer sind Brasilien, das im Jahr 2017 mehr als ein Drittel des weltweit gehandelten Kaffees produzierte, gefolgt von Vietnam (19 Prozent), Kolumbien (9 Prozent) und Indonesien (7 Prozent).
Rund neun Millionen Tonnen Kaffee (60 Prozent Sorte Arabica, 40 Prozent Sorte Robusta) jährlich macht die Ernte aus, zu über 70 Prozent auf den Weltmärkten gehandelt. Die größte Wertschöpfung erzielen dabei Röster und Einzelhändler. Die Erzeugerländer bekommen am wenigsten ab, viele Menschen, die im Kaffeeanbau arbeiten, können sich nicht ausreichend ernähren oder bilden und wandern aus oder suchen im Drogenhandel ein besseres Auskommen.

Kapsel, Pad und Faircup to go

Und immer mehr wird Kaffee aus Kapseln oder Pads gebrüht. Von den über 160 Litern, die jeder Deutsche im Schnitt pro Jahr konsumiert – gut zwei Tassen täglich – kommen rund 14 Prozent aus Kapseln und Pads, das hat der Deutsche Kaffeeverband aus den Verkaufszahlen für das Jahr 2016 errechnet. Für den umweltbewussten Menschen allerdings ist die Zubereitung als Filterkaffee selbstverständlich – nicht nur schont dies die Umwelt (der Filter wird im Biomüll entsorgt), sie ist auch am kostengünstigsten und, wie viele Kaffeetrinker behaupten, am schmackhaftesten.
Für Menschen, die gerne sich unterwegs einen Kaffee mitnehmen, gibt es nachhaltige Alternativen mit Mehrwegbechern. Wie zum Beispiel dem Fair Cup, den die Berufsschullehrerin Sibylle Meyer mit ihren Schülern entwickelt hat. Ziel ist, ein bundesweites Mehrweg- und Pfandsystem mit den wiederverwendbaren Kunststoffbechern zu etablieren. Fair Cup kostet einen Euro Pfand plus 50 Cent für den Deckel und kann in Leergutautomaten wie Pfandflaschen nach 500maligem Benutzen recycelt werden. So können die 2,8 Milliarden Einwegbecher – 34 Becher je Einwohner – die hierzulande jährlich anfallen, dezimiert und wertvolle Ressourcen wie Holz, Wasser, Kunststoff und Energie gespart werden.

Klimawandel trifft Kaffeeanbau

Kaffeeanbauer haben zunehmend mit höheren Temperaturen, Unwettern und Schädlingen wie dem Kaffeeblattrost und dem Kaffeekirschenkäfer zu kämpfen. Die Klimaerwärmung könnte die wichtigsten Kaffeeanbaugebiete der Welt zerstören, warnen Forscher. Weniger Anbauflächen und geringere Ernten in den nächsten Jahrzehnten wären die Folgen. Das gemeinnützige Kaffeeforschungsinstitut mit Sitz in Kalifornien (Worldcoffeeresearch.org) untersuchte 35 Kaffeesorten in 23 Ländern. Auch die Wissenschaftler der britischen ‘Kew Royals Botanic Gardens’ in London warnen: „60 Prozent der wild wachsenden Kaffeesorten sind vom Aussterben bedroht“. Verantwortlich machen sie dafür Klimawandel, Abholzung, zunehmende Dürren und Krankheiten. Dabei sind wilde Kaffeesorten für die genetische Vielfalt wichtig, einige vertragen heißeres Klima besser, sind resistent gegen Schädlinge und Krankheiten, enthalten weniger oder gar keinen Koffein und können geschmacklich andere Sorten verbessern.

Fair und bio trinken

Wer sich und den Kaffeearbeitern in den Erzeugerländern einen nicht nur dem Magen bekömmlichen Kaffee gönnt, greift im Laden zu biologisch angebauter und fair gehandelter Ware. Die ist nicht mit chemischen Dünger oder Pestiziden behandelt und verhilft ihren Erzeugern zu einem angemessenen Lohn. Was eigentlich selbstverständlich sein sollte, muss leider immer wieder eingefordert werden, denn obwohl immer mehr Menschen ihr Lieblingsgetränk überlegt einkaufen, liegt der Marktanteil fair gehandelten Kaffees in Deutschland nur bei 4,8 Prozent. Hier könnte der verantwortliche Verbraucher viel bewirken.

Andrea Reiche