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Die Zahl der Menschen mit Lebensmittelallergien hat sich in den vergangenen zehn Jahren nach Expertenangaben verdoppelt. Nach Einschätzung des Deutschen Allergie- und Asthmabundes (DAAB) gibt es hierzulande rund sechs Millionen Allergiker. Allein 2,1 Millionen Kinder und Jugendliche sind von Heuschnupfen, Asthma oder Neurodermitis betroffen. Eine weitere Gruppe stellen die Menschen mit Lebensmittelunverträglichkeit. Geschätzt ist davon jeder vierte Deutsche betroffen.

Bei einer Lebensmittelallergie reagiert das Immunsystem des Betroffenen auf alltägliche Lebensmittel mit einer überschießenden Abwehrreaktion. Der Körper bildet Abwehrstoffe (Antikörper – meistens IgE = Immunglobulin E) gegen bestimmte, in einem Lebensmittel enthaltenen Stoffe (Allergene). Auslöser der allergischen Reaktion ist also nicht das Lebensmittel als Ganzes, sondern in den meisten Fällen ein bestimmtes Protein (Eiweiß). Bei einer „Pseudoallergie“, also Unverträglichkeit, sind die Symptome zwar mit einer Allergie vergleichbar, aber anders als bei einer echten Allergie werden vom Immunsystem keine Antikörper gebildet. Sie werden als „pseudo“ bezeichnet, da sie allergische Reaktionen nachahmen. Für den Betroffenen macht das keinen großen Unterschied. Die Beschwerden einer nicht-allergischen Lebensmittelunverträglichkeit gleichen denen einer echten Allergie und reichen von Juckreiz, Schnupfen, Magen-Darm- und Kreislaufproblemen über Nesselsucht, Neurodermitis-Schüben, Schleimhautschwellungen bis hin zu Asthmabeschwerden.

Das tägliche Brot

Gluten ist für die Backeigenschaft von Getreide von Wichtigkeit. Moderne Getreidezüchtungen verfügen über einen hohen Anteil Klebereiweiß. Das erleichtert die Arbeit in Großbäckereien, die am laufenden Band produzieren, aber mindert für viele Menschen die Verträglichkeit von Backwaren. Je nach Ausprägung der Glutenunverträglichkeit bringen schon Alternativen aus alten Getreidesorten und eine lange Teigführung, wie sie in handwerklichen Bäckereien noch üblich ist, Besserung. Wer an Zöliakie, einer Autoimmunkrankheit, leidet, dem hilft das nicht. Dennoch muss der Betroffene weder auf das Müsli zum Frühstück noch auf die Scheibe Brot am Abend oder Nudelgerichte verzichten. Der Biofachhandel bietet viele glutenfreie Varianten in allen Bereichen an. Der Produktionsprozess für glutenfreie Lebensmittel ist aufwendig und kontrollintensiv, denn die mit dem Symbol der Deutschen Zöliakie Gesellschaft e.V. ausgezeichneten Produkte dürfen maximal 20 Milligramm des Eiweißes pro Kilogramm enthalten. Darüber hinaus müssen Rohstoffe getrennt gelagert werden und die Verarbeitung erfolgt auf gesonderten Anlagen. Erst wenn alle Produktionsschritte diesen Anforderungen gerecht werden, darf das Label der durchgestrichenen Getreideähre verwendet werden. Verarbeitet werden für die glutenfreien Produkte überwiegend Mais, Reis, Buchweizen, Lupine und Hirse. Für Bioprodukte stammen die Rohstoffe aus kontrolliert biologischem Anbau. Ein wichtiger Aspekt beim Einkauf, denn der Trend zu glutenfreier Ernährung treibt im konventionellen Bereich oft ungesunde Blüten. Stark verarbeitete Zutaten, teils synthetisch hergestellt, manchmal in Gemeinschaft mit Gentechnik, und als Topping Aromen, Emulgatoren, Fette, Zucker und Konservierungsstoffe. Lecker! Generell ist glutenfreie Ernährung nicht gesünder. Nur wer an Zöliakie leidet, ist darauf angewiesen.

Obst und Gemüse sind gesund

Leider nicht für alle. Wer an einer Fruktoseintoleranz leidet bekommt auf die gesunden Nahrungsmittel böse Bauchschmerzen. Bei der Fruktoseintoleranz handelt es sich um eine Nahrungsmittelunverträglichkeit, bei der Fruchtzucker (Fruktose) nur eingeschränkt oder überhaupt nicht vertragen wird. Fruktose befindet sich nicht nur in Obst und Gemüse, sondern in vielen Lebensmitteln wie beispielsweise in Säften, Honig, Müslimischungen, Alkohol und Süßigkeiten. Die Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) regelt zwar genau, welche Angaben die Nährwerttabelle auflistet, wieviel Fruchtzucker im einzelnen Produkt enthalten ist, erfährt der Betroffene trotzdem auf verpackter Ware nicht. Nach wie vor reicht es den Gesamtgehalt an Zucker anzugeben. Für fruktoseintolerante Menschen bleibt nur die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen: Mittels eines Ernährungstagebuchs ausprobieren und aussortieren. Wer die Hauptverursacher der Magen-Darm-Probleme einmal isoliert hat, kann ein relativ beschwerdefreies Leben führen.

Die Milch macht‘s

Menschen mit Laktoseintoleranz macht die Milch Beschwerden, denn ihnen fehlt ein Enzym, das für die Verwertung von Milchzucker erforderlich ist. Die häufigsten Symptome bei Laktoseintoleranz sind Blähungen, Bauchkrämpfe und Durchfall. Im deutschsprachigen Raum Europas sind rund 15 % der erwachsenen Bevölkerung laktoseintolerant. Grund: Nach dem Kleinkinderalter wird die Produktion des Enzyms Laktase weniger oder sogar komplett eingestellt. Ohne die Mitarbeit dieses Enzyms können Milchprodukte jedoch nicht verstoffwechselt werden und bereiten im Verdauungstrakt Beschwerden. Laktoseintoleranz wie auch die Glutenunverträglichkeit  schränken zwischenzeitlich aufgrund vieler alternativer Nahrungsmittel die Lebensqualität kaum noch ein. Auf ein Label „laktosefrei“  kann man sich allerdings nicht verlassen, da es sich um eine freiwillige Kennzeichnung handelt, die in der Form und den Kriterien nicht einheitlich geregelt ist, und daher auch nicht kontrolliert wird. Am besten hält man sich an vegane „Milch“produkte, die von Joghurt bis Käse angeboten werden, lecker schmecken und, da pflanzlich, sicher laktosefrei sind. Besonders die milchähnlichen Pflanzendrinks erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Angefangen mit dem Soja-Drink. Für Herstellung dieses Milchersatzes werden Sojabohnen aus europäischem, gentechnikfreiem Anbau verarbeitet, oder, wie bei Produkten des Hofguts Storzeln, Bio-Sojabohnen vom Bodensee. Auch Hafer-, Dinkel- oder Buchweizen-Drinks stammen aus heimischer Erzeugung. Allerdings fällt bei einer Gluten- oder Sojaunverträglichkeit diese Milch-Alternative wieder aus. Viele greifen dann zum Mandel-Drink. Eine schmackhafte Alternative mit einem, aufgrund des Wasserverbrauchs, nicht so tollen ökologischen Fußabdruck, selbst wenn die Mandeln aus europäischem Anbau stammen. Noch ein Exot unter den Drinks ist die Hanf-„Milch“, wird allerdings schon als sogenanntes „Superfood“ gehandelt. Welcher Milch-Alternative man den Vorzug gibt, entscheidet letztendlich der Geschmack.

Auf den Bauch hören

Lebensmittelintoleranzen beschränken sich nicht nur auf die drei vorgenannten Kategorien. Wer vom sonntäglichen Schweinebraten Bauchschmerzen bekommt, hat nicht immer zu viel gegessen. Er verträgt vielleicht das Fleisch eines turbogemästeten Schweins nicht. Der Versuch, den Braten mit einer alten Landrasse wie dem Schwäbisch Hällischen Schwein zu probieren, vermeidet vielleicht den Bauchschmerz. Magendrücken von fließbandmäßig hergestellten weißen Brötchen lässt sich vermeiden, wenn man auf handwerkliche hergestellte Produkte von Biobäcker zurückgreift. Und die ursprüngliche A2-Milch, die von einigen Bauern ab Hof angeboten wird, wird auch oft von laktoseintoleranten Menschen vertragen.

Um den Lebensmittelunverträglichkeiten entgegen zu wirken, ist eine Umkehr zu natürlichen, wenig verarbeiteten Lebensmitteln ratsam. Und wenn dann doch einmal etwas Unverträgliches dabei ist, dann haben wir in unserem Garten Eden viele Alternativen.

Elisabeth Schütze