sdg banner deutsch

Funktionskleidung für Sportler, die auf ganz ökologische und faire Weise auftrumpft

Morgens vor der Arbeit durch den Park laufen. Abends eine Runde im Fitnessstudio. Am Wochenende setzt man sich noch aufs Rad, dazu noch japanische Kampfkunst, durch urbane Klettergärten steigen, vielleicht noch eine Stunde Tennis spielen und natürlich etwas Yoga. So oder so ähnlich sieht bei vielen Menschen das wöchentliche Sportprogramm aus. Sport ist in unserer Gesellschaft mittlerweile Ausdruck eines nachhaltigen, bewussten und modernen Lebensstils.

Der wird vor allem in den Großstädten seit vielen Jahren immer mehr ausgelebt und förmlich zelebriert. Dafür stehen auch die immer größer werdenden Fitnessstudios, die mit Ausdauer, Kraft, Balance, Ruhezonen, Wellness und Afterwork-Lounges ein rundum sportliches und gesundes Lebensgefühl verkörpern und erzeugen wollen.
Doch nicht nur die Fitnesstempel wachsen. Auch die Sportbekleidung wächst und entwickelt sich entsprechend weiter. Für den Indoor- genauso wie für den Outdoor-Bereich. Sogenannte „Wearable Technologies“ beschäftigen bereits seit über zehn Jahren die Forscher und Entwickler für Sportkleidung. Schließlich soll Hightech nicht nur Profis, sondern auch ganz normale Freizeitsportler beim Laufen, Radeln oder Bergwandern begleiten und unterstützen. Im Sommer wie im Winter. Und so punkten Unterhemden, Jacken oder Hosen mit Atmungsaktivität, Wind- und Wasserdichte, Elastizität und UV-Beständigkeit.
Hört sich gut an. Die Funktionalität und Intelligenz hat jedoch ihren Preis. Denn diese Art von Hightech kostet nicht nur viel Geld, sondern beinhaltet oft auch viel Gift. In Form von Chemikalien, die für die Produktion dieser innovativen Fasern und Materialien benutzt werden. Sie belasten die Umwelt und den Menschen. Dabei handelt es sich um perfluorierte und polyfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFC) – äußerst persistente chemische Verbindungen. Diese werden aufgrund ihrer imprägnierenden Eigenschaften gerne in Outdoor-Bekleidung (wie Schuhe, Jacken, Hosen) eingesetzt – aufgrund ihrer wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften.
PFC können laut dem Umweltbundesamt über die Luft, aus dem Wasser und über die Nahrung aufgenommen werden. Flüchtige PFC können eingeatmet werden. Stabile, wasserlösliche PFC gelangen über das Abwasser aus Haushalten und der Industrie in die Klärwerke und weiter in die Gewässer. Denn sie werden bei der Klärung nicht abgebaut. Außerdem verstecken sich bei vielen Hightech-Herstellern Weichmacher (Phthalate) und andere hormonell wirksame Substanzen sowie als krebserregend geltende Stoffe. Verbraucherschützer raten deshalb auch zur Vorsicht beim Kauf von Textilien, die den Hinweis „separat waschen“ oder „Farbe blutet aus“ tragen. Das weist auf mangelnde Farbechtheit hin, die beim Tragen auf die Haut abfärbt und sie reizen kann.
Die Umweltorganisation Greenpeace versucht mit der globalen Kampagne „DETOX!“ zu erreichen, dass die Textilproduktion sauberer wird und die giftigsten Chemikalien ausgelistet und durch umweltfreundlichere Alternativen ersetzt werden. Und die Umweltschützer setzen ein weiteres Zeichen – gegen den ungebremsten Modekonsum. Wie das? Durch bundesweite Tauschpartys. Diese fanden bereits im Juni in 40 Städten von Kiel bis München statt. Dabei konnte man abgelegte Kleidungsstücke mitbringen und sie kostenlos gegen andere Teile tauschen.
Außerdem gibt es Hightech-Materialien, die ganz ohne giftige Chemikalien auskommen. Wie zum Beispiel: Merinowolle. Gegenüber Kunstfaser hat Merinowolle eine viel höhere Wärmeleistung. Merinowolle ist angenehm weich und kratzt nicht, da die Merinofasern viel feiner als die Fasern herkömmlicher Wolle sind. Gleichzeitig ist Merinowolle atmungsaktiv und geruchsneutral. Das heißt: Man überhitzt nicht so schnell wie in einer Plastikklamotte. Unangenehme Gerüche entstehen durch die natürlichen antibakteriellen Eigenschaften des Materials erst gar nicht.
Neben einer ökologisch einwandfreien Textilfaser sollten die eingesetzten Farbstoffe frei von Schwermetallen und gesundheitsschädlichen AZO-Farben sein. Biobaumwolle, die den strengen Richtlinien der GOTS-Zertifizierung (Global Organic Textile Standards) unterliegt, garantiert, dass sie unter fairen Bedingungen und ohne Verwendung jeglicher Pestizide oder Herbizide angebaut und ohne Zugabe von Chemikalien weiterverarbeitet wurde.
Das bayerische Unternehmen Bleed stellt ganz besondere Funktionsshirts her. Diese werden aus einer Zellulose aus Eukalyptus produziert – TENCEL® heißt diese Technologie. Zwar werden zur Erzeugung der Fasern Chemikalien benötigt, jedoch befinden sich diese in einem mehrmals verwendbaren, geschlossenen Kreislauf und können in biologischen Kläranlagen abgebaut werden. Somit kommt die Natur nicht mit Chemikalien in Berührung. Bei der Produktion wird äußerst wenig Wasser verbraucht. Eine gute Ergänzung zur Biobaumwolle.
Wer Ressourcen und Umwelt schonen möchte kann auch Sportkleidung aus „recyceltem Polyester“ kaufen. Über 100 Millionen Barrel Rohöl werden jährlich weltweit für die Herstellung von Polyester verbraucht. Die Textilindustrie schluckt davon 70 Prozent für die Produktion von synthetischen Fasern. Durch recyceltes Polyester wird jedoch kein neues Rohöl verwendet. Und das Material behält seine Funktionen – bleibt wasserabweisend und windfest.
Allerdings sollten nicht nur die Materialien innovativ, intelligent und umweltfreundlich sein, sondern auch Unternehmenskonzepte. So ist es ein besonderes Qualitätsmerkmal, wenn Betriebe auf langlebige Kleidung setzen, einen Reparaturservice anbieten oder sogar alte Textilien wieder verarbeiten. Das sind nachhaltige Ideen, die die Umwelt schonen und den Konsum reduzieren. Das wöchentliche Sportprogramm wird dadurch in keinster Weise gebremst. Im Gegenteil: So macht das Laufen im Park am frühen Morgen doch gleich doppelt so viel Spaß…
Sebastian Schulke