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Kueche

Mediterran genießen

Die Mittelmeerküche steht immer wieder im Fokus großer Studien. Seit vielen Jahren erforschen Ärzte und Ernährungswissenschaftler ihre positiven Effekte auf die Gesundheit. Auch wenn sie dabei immer wieder zu neuen Ergebnissen kommen und alte revidieren steht doch fest: Mediterrane Mischkost schmeckt nicht nur wunderbar nach Urlaub. Sondern sie hält Herz, Kreislauf und Gefäße fit und soll sogar das Risiko für Diabetes und Demenz senken. 

Mit der 7-Länder-Studie ist die mediterrane Küche schon in den 1950-er Jahren in den Blickpunkt gerückt. Damals begannen Forscher, Ernährungsverhalten und Gesundheit von rund 13.000 Probanden aus Italien, Griechenland, dem ehemaligen Jugoslawien, Finnland, den Niederlanden, den USA und Japan in Fünfjahresintervallen zu vergleichen. Auf Kreta konnten sie die höchste Lebenserwartung verzeichnen und führten dies auf die Inselküche zurück: Gemüse und Fisch spielen dort traditionell eine tragende Rolle, während tierische Fette oder rotes Fleisch nur wenig verzehrt werden. Vor allem aber ist der Konsum von Olivenöl in Griechenland mit fast 15 Liter pro Kopf und Jahr weltweit am höchsten. Das kaltgepresste Öl besteht zu rund 70 Prozent aus einfach ungesättigter Ölsäure, der nicht nur eine entzündungs-, sondern auch eine krebshemmende Wirkung zugeschrieben wird. Darüber hinaus enthält es so genannte Polyphenole, die die Zellen vor Schäden durch freie Radikalen schützen und den Blutdruck regulieren sollen. Der Anteil der aromatischen Verbindungen ist umso höher, je früher die Oliven geerntet werden. Deshalb verarbeitet der griechische Bio-Pionier Mani Bläuel für sein mehrfach ausgezeichnetes „Olivenöl extra Polyphenol“ nur junge Früchte, die dem Produkt neben dem gesundheitlichen Mehrwert eine mittelfruchtige, bitterscharfe Note verleihen. Genau diese Geschmackskriterien gelten unter Kennern als Zeichen für ein besonders hochwertiges, sorgsam verarbeitetes Produkt.

Gemüse spielt die Hauptrolle

Auch wenn jede Nation ihre Spezialitäten hat, ähnelt doch die griechische Küche der anderer Mittelmeerländer wie Italien, Spanien oder Portugal. Einig ist man sich vor allem darin, dass zu jedem Essen viel Gemüse und gerne auch Obst gehören. Auf traditionellen Märkten wird eine Vielfalt angeboten, von der man bei uns meist nur träumen kann. Klassiker wie Tomaten, Paprika, Zucchini oder Auberginen gibt es derzeit aber auch auf Bayerns Wochenmärkten und in Naturkostläden in Hülle und Fülle. Ohne Importware geht es jedoch nicht. Allein den Bedarf an Tomaten – dem Lieblingsgemüse der Deutschen – konnten deutsche Erzeuger nach Angaben des BZE Bundeszentrums für Ernährung 2018 nur zu knapp 12 Prozent decken. Der Löwenanteil stammt aus Holland, gefolgt von Spanien, Belgien, Marokko, Italien, Polen, Frankreich und der Türkei. Gerade die spanische Region Andalusien hat sich zum Gemüselieferanten Nr. 1 entwickelt. Selbst aus dem Weltall sieht man die plastiküberspannten Anbauflächen, die rund um Almeria die Landschaft prägen. Anders als in hiesigen Gewächshäusern brauchen sie in der sonnenreichen Gegend keine Heizenergie. Aber der Wasserverbrauch ist enorm und bedenklich angesichts des Wassermangels. Zwar achten immer mehr Öko-Erzeuger auf einen sparsameren Ressourcenverbrauch. Doch im Interesse der Nachhaltigkeit ist es besser, bei regionalem Sommergemüse zuzugreifen, so lange es verfügbar ist. Noch dazu schmecken Ratatouille, Insalata Caprese oder andere mediterrane Genüsse am besten, wenn die Zutaten auf kurzen Wegen auf den Tisch kommen. Deshalb kauft man sie in ihrer Heimat schließlich auch auf dem Markt.

Manchmal darf‘s auch Fisch sein

Neben Obst und Gemüse haben in allen Mittelmeerländern Fisch und Meeresfrüchte einen besonderen Platz auf der Speisekarte. Puristen fügen ihnen vor dem Braten oder Grillen nur etwas Olivenöl und Salz hinzu, andere sorgen außerdem mit frischen Kräutern für delikate Aromen. So oder so liefern die Delikatessen hochwertiges Eiweiß, das vom Körper sehr gut verwertet werden kann. Fettreiche Arten wie Thunfisch, Sardine oder Makrele enthalten darüber hinaus viele Omega-3-Fettsäuren, die unter anderem das Herz schützen und Demenz vorbeugen sollen. Was so gesund und lecker ist, hat allerdings einen Haken: Der Großteil der Bestände gilt als überfischt, und viele Arten sind vom Aussterben bedroht. Laut Greenpeace darf man nur noch Karpfen mit gutem Gewissen genießen. Im Naturkosthandel gibt es zum Glück eine wachsende Vielfalt an Produkten aus nachhaltiger Quelle, zu denen Heilbutt, Kabeljau oder Thunfisch ebenso gehören wie Garnelen oder Miesmuscheln. Treibende Kraft ist dabei Naturland: Schon im Jahr 1996 hat der Ökoverband Richtlinien für die ökologische Aquakultur von Fischen und Meeresfrüchten aufgestellt, denen wenig später Richtlinien für nachhaltige Fischerei folgten. Dabei geht es zum einen um das Tierwohl, zum anderen um den Schutz von Flüsse, Seen, Meere und umgebenden Landschaften. Gleichzeitig sorgt Naturland durch Sozialstandards dafür, dass es auch den Menschen gut geht, die auf den Fischfarmen, in den Fangflotten oder in der Verarbeitung beschäftigt sind. Dennoch sollte auch Öko-Fisch nur einmal pro Woche auf den Tisch kommen. Würde sich jeder darauf beschränken, sänke der jährliche Pro-Kopf-Konsum auf 8 Kilogramm. Damit hätte so manche Fischart eine Chance, sich wieder zu erholen.

Proteine in Hülle und Fülle

Um den Proteinbedarf zu decken, kennt die mediterrane Küche ohnehin nicht nur tierische Produkte. Im Alltag kommen oft Hülsenfrüchte auf den Tisch. Sie enthalten reichlich pflanzliches Eiweiß, Kohlenhydrate, Vital- und Ballaststoffe, machen angenehm satt und eignen sich für eine Fülle leckerer Rezepte. Einige Klassiker der italienischen Küche sind ohne Hülsenfrüchte gar nicht denkbar: Was wäre eine Minestrone ohne Borlotti, eine Ribollita ohne Canellini oder eine Pasta e Ceci ohne Kichererbsen? Auch in der spanischen Küche gibt es Beispiele wie das asturische Nationalgericht Fabado, einen Eintopf aus dicken weißen Bohnen. In Griechenland liebt man als Vorspeise Gigantes – Elefantenbohnen, die mit Tomaten im Ofen gebacken werden. Und in Portugal knabbert man zum Aperitif gerne Tremoços – die gerösteten und pikant gewürzten Kerne der Lupine, die auch zur Familie der Hülsenfrüchte zählt. Ein perfekter Eiweißlieferant ist außerdem Käse, der in den Mittelmeerländern in den unterschiedlichsten Varianten genossen wird. In Griechenland werden die meisten Sorten aus Schafs- oder Ziegenmilch gewonnen, darunter nicht nur der beliebte Feta, sondern auch Formaella, Graviera oder Kefalotyri, denen man meist nur im Urlaub begegnet. Auch in Portugal kennt man Käse vor allem als Schafs- oder Ziegenmilchprodukte wie Serra da Estrela, Rabaçal und Azeitão. Doch es gibt auch Spezialitäten aus Kuhmilch wie den salzigen Pico oder den pikanten San Jorge, denen ihre Heimat auf den Azoren den Namen gegeben hat. An Vielfalt unübertroffen ist Italien: Mehr als 400 Sorten soll es dort geben, von denen etwa 30 mit dem DOP Siegel für „Denominazione di origine protetta“ geschützt sind. Parmigiano Reggiano gehört dazu, aber auch Pecorino Romano, Grana Padano, Gorgonzola, Burrata und Mozzarella di Buffalo. Jetzt noch ein Gläschen Vino Rosso dazu – und das mediterrane Lebensgefühl könnte nicht perfekter sein.

Claudia Mattuschat