sdg banner deutsch

TurnschuhSpatz

Nachhaltige Schuhmode Herbst/Winter 2019/20

Der Druck der Verbraucher auf Politik und Wirtschaft in Fragen von Umwelt- und Klimaschutz nimmt weiter zu. Das betrifft auch den Schuhmarkt. Nur langsam beginnt die Branche sich zu bewegen. Doch es gibt Pioniere, die bereits nachhaltige Schuhmode produzieren.

Wie müssen Schuhe beschaffen sein, um das Prädikat „nachhaltig“ zu verdienen? Ansätze gibt es viele. Im besten Fall ist die gesamte Kollektion umweltverträglich, schadstofffrei und fair produziert, aus qualitativ hochwertigem Material hergestellt, gut verarbeitet und deshalb strapazierfähig und langlebig. Zudem sind sie bequem und sehen natürlich auch noch gut aus.

Bislang genügen viele konventionelle Hersteller den Anforderungen an eine nachhaltige Schuhmode wenig bis gar nicht oder nur in Teilen ihrer Kollektion. Aber der Markt kommt langsam in Bewegung. Wie das Branchenmagazin „schuhmarkt-news.de“ im August 2019 berichtete gäbe es Schuhhersteller, „die auf die sich häufenden kritischen Verbrauchernachfragen mit nachhaltigen Materialien, innovativen Produkten und transparenten Produktionsbedingungen reagieren.“

Nachhaltige Pioniere

Es gibt jedoch Pioniere, die von Anfang an und seit vielen Jahren auf nachhaltige Schuhmode setzen. Während die einen auf vegane Schuhe schwören, also vollständig auf tierische Materialien verzichten, setzen die anderen vorwiegend pflanzlich gegerbtes Leder ein. Die Gerbung erfolgt ohne Chrom und andere Schwermetalle, die Gesundheit und Umwelt gefährden oder belasten könnten. Auch Bio-Baumwolle, Canvas, Naturkautschuk und andere natürliche Materialien sowie Recycling-Kunstleder kommen in nachhaltigen Kollektionen zum Tragen. Teilweise sind die Materialien zu 100 Prozent recycelbar und/oder aus recyceltem Material gefertigt.

Doch so ganz unproblematisch ist das nicht. Ist es beispielsweise „nachhaltiger“ bei Schuhen ganz auf tierisches Leder zu verzichten und stattdessen veganes, also „tierfrei produziertes“ Plastik einzusetzen? Diese Frage kann nicht wirklich mit einem „Ja“ beantwortet werden. Da gilt es abzuwägen. Wie sehen die Kollektionen nachhaltiger Schuhhersteller aus? Nach welchen Kriterien produzieren sie, und worauf kommt es ihnen an?

Sneaker aus Merinowolle

Vor allem sind sportliche Styles und Outdoor-Modelle im Angebot. Nachhaltige Sneaker-Labels wie Veja, ekn footwear und Ethletic haben sich – zumindest bei den jüngeren Zielgruppen – am Markt bereits durchsetzt. Vegane Veja-Sneaker sind aus Canvas, Bio-Baumwolle und Naturkautschuk, die nicht-vegane Version aus pflanzlich gegerbtem Leder. Veja ist Fairtrade zertifiziert. Produziert wird in Brasilien. Zu den Newcomern gehört das Label YUCCs. Der Mallorquiner Pablo Mas hat aus Merinowolle und einer Innensohle aus Rizinusöl den angeblich „leichtesten Schuh der Welt“ kreiert. Rizinusöl, ein jahrtausendealtes Naturprodukt, wird heilende Wirkung zugeschrieben. Produziert wird in Spanien.

Die österreichische Waldviertler Schuhwerkstatt, die 1984 gegründet wurde und heute unter dem Dach der gemeinwohlorientierten GEA Mama eG firmiert, setzt den Fokus auf hochwertige, langlebige Schuhmode. Die Modelle, deren Design sich an der Fußgesundheit orientiert, entstehen vor Ort in traditioneller Handarbeit. Nachhaltigkeit heißt hier lokale Produktion, kurze Wege, Jobs in strukturschwachen Regionen. Als Gegentrend zur Wegwerfkultur der Modeindustrie bietet das Unternehmen einen Reparaturservice an. So halten die Waldviertler im besten Fall ein Leben lang.

Schicke gesunde Schuhe

Gesunde Schuhe müssen nicht per se hässlich sein. Diese Überzeugung gab vor 20 Jahren den Anstoß für die Gründung von Think!. Seitdem produziert das Unternehmen Schuhe in individuellem Design aus nachwachsenden Rohstoffen und vegetabilem Leder. Sie sind an Schuhbändern mit roten Enden zu erkennen. Der hochwertigen langlebigen Schuhmode hat sich auch das Familienunternehmen Werner Schuhe aus der Schuhstadt Primasens verschrieben. Produziert wird gemäß den Richtlinien der Fairwear Foundation.

Aus der Idee Anfang der 90er Jahre, modische Schuhe mit ökologischem Anspruch zu produzieren, hat sich die erfolgreiche Marke Grand Step Shoes für Damen, Herren und Kinder entwickelt. Seinem Anspruch an Umweltschutz, faire Arbeitsbedingungen, respektvollen Umgang und kurze Transportwege ist das Unternehmen bis heute treu geblieben. Das schließt den Spaß an kreativer Mode nicht aus. Klassische Silhouetten und aktuelle Mode, stilvoll, detailverliebt und zugleich tragbar umsetzt, sind in der Kollektion vereint. 

Econyl statt Mesh

Gemäß dem Prinzip von „Reduce, Reuse, Recycle“ setzt das österreichische Unternehmen Dachstein in seiner Urban Outdoor Kollektion anstelle von gewöhnlichem Mesh (Gittergewebe) neuerdings vermehrt regeneriertes Econyl-Nylongewebe ein. Es wird aus Abfallprodukten wie alte Fischernetzen hergestellt und hilft Material einzusparen. Das Leder für robuste Outdoor-Modelle stammt aus Deutschland, der Loden aus Schladming, ein Teil der Produktion findet in Europa statt.

El Naturalista-Schuhe werden in Handarbeit aus natürlichen Rohstoffen und Recycling-Materialien in eigenen Werkstätten in Spanien und Marokko hergestellt. Das Leder stammt ausnahmslos von Tieren, die zur Lebensmittelerzeugung gezüchtet wurden. Das Leder wird semi-vegetabil und wassersparend gegerbt. Der Hersteller bietet Schuh-Modelle aus Bambus und Filz, aber auch ausdrücklich chromfreie Schuhe, an. Die Einlegesohlen sind aus recyceltem Kork oder Kautschuk.

Siegel-Sicherheit

Zertifizierte Naturtextilien sind an Siegeln wie dem international gültigen GOTS-Zeichen (Global Organic Textile Standard) oder Naturtextil IVN Best zu erkennen. Beide erfüllen in Fragen der Nachhaltigkeit höchste Qualitätsstandards. Die Schuhbranche ist noch längst nicht soweit. Siegel wie Fairtrade, der Blaue Engel, Made in Green oder Oeko-Tex 100 weisen aber zumindest auf schadstofffreie Materialien hin. Das Qualitätszeichen Naturleder IVN des Internationalen Verbands der Textilwirtschaft (IVN) ist der derzeit einzige Standard in Europa. Er bescheinigt gelabelten Produkten ein sehr hohes Niveau an Ökologie und Qualität. Vegane Schuhhersteller können sich nach den Richtlinien der Tierschutzorganisation PETA zertifizieren lassen („PETA approved VEGAN“). Nachhaltigkeit hört aber beim Produkt nicht auf. Zalando, der Gigant unter den Schuhlieferanten, hat angekündigt, dass 100 Prozent der genutzten Verpackungen bis 2020 aus nachhaltigen Materialien bestehen sollen. Irgendwo muss man ja anfangen.

Katrin Speer