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Der Spatz Ausgabe 3 / 2020

Baubiologisch sanieren

Sanierung kann viel bedeuten. Von einfachen Instandsetzungsarbeiten bis hin zu aufwändigen Renovierungs-, Modernisierungs- und Umbauarbeiten ist alles möglich. Jede Sanierung kann die Gesamtsituation in gesundheitlicher, nachhaltiger wie gestalterischer Sicht verschlechtern oder auch verbessern. Es lohnt sich also, sich genau zu informieren und ggf. geeignete Fachleute hinzuzuziehen.


Sanierungsbedarf

Für Wohnungen und Gebäude, die älter sind als etwa 40 Jahre, ist in der Regel eine komplette Sanierung erforderlich. Oft trifft dies aber auch auf noch neuere Gebäude zu, zum Beispiel dann, wenn sie zu viel Energie benötigen, Schadstoffe enthalten, Schimmel im Spiel ist oder Nutzungsänderungen anstehen. Steht eine Sanierung an, sollte zusammen mit geeigneten Fachleuten eine genaue Analyse angefertigt werden, welche Maßnahmen sinnvoll sind und welche nicht und welches Kostenbudget nötig bzw. möglich ist. Wer dies nicht tut, kann mittelfristig viel Geld draufzahlen und den Wohn- und Wiederverkaufswert seiner Wohnung oder Immobilie verschlechtern.


Bauliche Maßnahmen

Nachhaltiges sanieren bedeutet, dass man bei allen Maßnahmen nicht nur die Qualität der Ausführung, sondern auch deren Lebensdauer und laufenden Pflegeaufwand (Reinigung, Wartung, Ersatzteile...) berücksichtigt. Teppichböden oder Laminatböden halten häufig nur 10 bis 15 Jahre, ein Parkettboden dagegen kann mehr als 100 Jahre halten. Eine billige Innentüre ist in der Regel nach rund 20 Jahren ruiniert, eine gute Innentüre dagegen macht auch nach 50 Jahren noch viel Freude. Eine Dachentwässerung aus verzinktem Blech oder Kunststoff weist nicht selten bereits nach rund 25 Jahren Mängel auf, die Lebenserwartung einer Dachentwässerung aus Kupfer oder Titanzink beträgt dagegen rund 50 Jahre, diejenige aus Edelstahl rund 100 Jahre. Die Pflege und Sanierung eines lackierten Holzbodens ist meist erheblich aufwändiger als eines geölten Bodens. Abgesehen von der schwierigen und oft teuren Entsorgung sowie den Umweltschäden durch kurzlebige Baustoffe ist es häufig vor allem längerfristig betrachtet preiswerter, auf Qualität zu setzen. Hierzu gehört auch, dass man nicht die billigsten Handwerker*innen auswählt, sondern diejenigen mit dem besten Preis-Leistungsverhältnis. An ein angenehmes Arbeitsklima auf der Baustelle und an gute handwerkliche Arbeit erinnert man sich immer wieder gerne, auch das ist nachhaltig und trägt dazu bei, dass ein fachlich hochwertiges und menschliches Handwerk erhalten bleibt.

Facility Management

Zunehmend setzt sich in der Baubranche das „Facility Management“ (FM) durch. Analysiert wird dabei der gesamte Lebenszyklus von der Planung und Erstellung bis zum Abriss einschließlich Umbau, Nutzungsänderung, Sanierung und Entsorgung. Ziel ist die Erhöhung der Wirtschaftlichkeit, die Werterhaltung, die Optimierung der Gebäudenutzung und die Minimierung des Ressourceneinsatzes zum Schutz der Umwelt. FM soll dadurch letztendlich auch die Betriebskosten eines Gebäudes reduzieren. Um dies zu erreichen, muss ganzheitlich und langfristig geplant werden. Im Verhältnis zum gesamten Lebenszyklus betragen die Betriebskosten (Kosten für Heizung, Strom, Wasser, Sanierungen, Pflege, Reinigung, Entsorgung u. a.) häufig ein Vielfaches der Planungs- und Erstellungskosten. Wohnungs- oder Hausbesitzer werden sich selten „Facility Manager“ leisten wollen. Dennoch sollte auch sie entsprechend eines Wartungsplans ihre Immobilie(n) regelmäßig prüfen (lassen), um alle Schäden gleich beseitigen und nötige Reparatur- und Pflegeleistungen (z. B. neuer Anstrich, Austausch von Hölzern, Austausch von Filtern, Erneuerung von Pumpen) zeitnah ausführen zu können. Schließlich ist die Reparatur eines zu spät entdeckten Mangels meist aufwändiger und teurer.

Baubiologie

„Gesundheit ist zwar nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts“ (Arthur Schopenhauer 1788-1860). Längst hat sich herumgesprochen, dass viele Menschen in ihrem Wohn- aber auch Arbeitsumfeld krank werden. Hierfür können viele Gründe eine Rolle spielen wie Gerüche und Giftstoffe aus Baustoffen (zum Beispiel Lösemittel, Formaldehyd, Pestizide, Weichmacher, Asbestfasern, Feinstäube), schlechtes Raumklima, Elektrosmog, Baufeuchte und Schimmel, Radioaktivität, Lärm, zu wenig Licht, um nur einige zu nennen. Zu einer nachhaltigen Sanierung gehört deshalb auch, gesundheitliche Aspekte mit einzubeziehen. Hierzu können zum Beispiel die Baubiologischen Beratungsstellen IBN kompetent beraten, planen und die Ausführungsarbeiten begleiten bzw. die Bauleitung übernehmen.

Energetische Sanierung

Meist ist es sinnvoll, Instandhaltungsarbeiten gleich mit energiesparenden Maßnahmen wie Wärmedämmung, dem Einbau neuer Fenster und/oder einer neuen Heizungsanlage zu kombinieren. In der Regel fordert dies auch die Energieeinsparverordnung (EnEV) und häufig erhält man hierzu öffentliche Fördermittel und zinsgünstige Darlehen z.B. von der KfW-Bank. Ein saniertes Haus, das nicht heutigen energetischen Ansprüchen genügt, kann man nicht als nachhaltig, also zukunftsfähig bezeichnen, da abgesehen von den dadurch ausgehenden Umweltschäden den Nutzern die laufenden Energiekosten über den Kopf wachsen können.
Nicht selten werden bei energetischen Sanierungen jedoch Maßnahmen ergriffen, die sich auch langfristig nicht amortisieren und/oder zu gesundheitlichen Problemen führen. Damit nur sinnvolle energetische Maßnahmen umgesetzt werden, sollte mit Hilfe geeigneter Energieberater ein Gesamtkonzept mit Wirtschaftlichkeitsvergleich erstellt werden. Baubiologische Gebäude-Energieberater IBN berücksichtigen neben baulichen und energetischen Aspekten auch gesundheitliche Aspekte wie Raumklima und Schadstofffreiheit der verwendeten Baustoffe samt Haustechnik.

Nutzungsänderung

Was ist, wenn meine Kinder aus dem Haus sind? Was ist, wenn meine Kinder später mal einen eigenen Wohnbereich im Haus haben wollen? Was ist, wenn ich durch einen Unfall, Krankheit oder das Alter meine Mobilität verliere? Was ist, wenn ich mit meiner Rente oder Pension meine Miete oder die laufenden Kosten für die Beheizung und Instandhaltung meiner Wohnung/meines Hauses nicht mehr bezahlen kann? Das sind nur einige Fragen, die man sich bei jeder Sanierung stellen sollte, um in seiner Immobilie lange und angstfrei leben zu können. Sinnvolle Maßnahmen können z.B. flexible Raumbezüge, einfache Abtrennbarkeit von Wohnungs- oder Hausteilen z.B. durch Vorinstallationen für ein zweites Badezimmer, barrierefreie und behindertengerechte Ausführungen, aber eben auch das Bauen mit langlebigen Baustoffen sowie energiesparende Maßnahmen sein.
Häufig wird suggeriert, dass eine eigene Immobilie im Alter mietfreies Wohnen ermöglicht. Baufachleute wissen jedoch, dass nach rund 40 Jahren in der Regel umfangreiche Sanierungsarbeiten anstehen. Wichtig und nachhaltig ist es deshalb, seine Immobilie (unter Nutzung von Fördergeldern) laufend in Schuss zu halten – siehe „Facility Management“.

Finanzierung und Kosten

Der Sanierungsbedarf bei einer gebrauchten Immobilie wird meist erheblich unterschätzt. Nicht selten kostet eine umfängliche Sanierung mehr als ein Neubau. Gerade deshalb ist es wichtig, zusammen mit Baufachleuten Varianten zu prüfen, Wirtschaftlichkeitsvergleiche anzustellen und dabei auch die laufenden Kosten zu berücksichtigen. Eine nachhaltige Sanierung sollte auch nachhaltig finanziert werden. Sogenannte Umweltbanken wie z.B. die GLS-Bank oder die Umweltbank Nürnberg bieten entsprechende Finanzierungen an.

Fazit

Es lohnt sich, Sanierungen mit Bedacht und fachlicher Begleitung anzugehen. Vor allem längerfristig gedacht hilft dies, viel Geld zu sparen und Ärger zu vermeiden. Zudem erhöht eine nach baubiologischen und energetischen Kriterien sanierte Immobilie den Wiederverkaufswert oder die möglichen Mieteinnahmen. Umweltfreundliche Baustoffe, Qualität, geringe Energiekosten und ein gesundes Wohnumfeld werden zunehmend nachgefragt und honoriert, insbesondere von Menschen, die auf ihre Gesundheit achten.

Winfried Schneider, Architekt

Weitere Informationen:

Institut für Baubiologie + Nachhaltigkeit IBN
Erlenaustraße 24, 83022 Rosenheim
www.baubiologie.de
www.baubiologie-magazin.de